Erholungszeiten

Praxisbeispiel

Frau N. ist als Führungskraft in der Verwaltung tätig. Seit einiger Zeit arbeiten die Beschäftigten ihres Bereiches vermehrt im Homeoffice. Frau N. stellt fest, dass ihre Beschäftigten nun oft außerhalb der Arbeitszeit für berufliche Belange erreichbar sind, da sie häufig noch abends geschäftliche E-Mails versenden oder von Anrufen im Feierabend berichten. Offenbar fällt die Trennung von Arbeit und Privatleben immer schwerer. Frau N. fällt auf, dass ihre Beschäftigten inzwischen häufig müde und unkonzentriert wirken.


Mögliche Gefährdungen

Für die Beschäftigten von Frau N. besteht die Gefährdung, ihre Arbeitszeit auszuweiten und somit gesetzlich vorgeschriebene Ruhezeiten nicht einzuhalten und Pausen nicht zur Erholung zu nutzen. Selbst wenn keine berufliche Korrespondenz erfolgt, kann der Erwartungsdruck entstehen, immer erreichbar sein zu müssen. Dies verhindert notwendige Erholung, was langfristig zu verschiedenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen kann, wie z. B. Müdigkeit, Erschöpfung, Schlafstörungen oder Rückenschmerzen. Ständige überlange Arbeitszeiten erhöhen deutlich das Risiko, Herz-Kreislauferkrankungen, Schlaganfälle, Burnout oder Depression zu erleiden.


Schutzziele

Gut gestaltete Arbeitszeit, Pausen und Ruhezeiten sind gegeben, wenn:

  • die Regelungen des Arbeitszeitgesetzes auch im Homeoffice eingehalten werden
  • eine systematische zeitliche Trennung von Arbeit und Privatleben gegeben ist
    • die Erreichbarkeitszeiten klar geregelt sind
    • die Erwartungen in Bezug auf Antwortverhalten auf E-Mails und Anrufe eindeutig sind.

Beispielhafte Maßnahmen

In der Reihenfolge S-T-O-P soll geprüft werden, ob es passende Maßnahmen zum Schutz vor einer Gefährdung gibt.

Substitution

  • In diesem Beispiel wurden keine substituierenden Maßnahmen getroffen.

Technische Maßnahmen

  • Erreichbarkeitszeiten und Abwesenheit werden für das Team sichtbar in einem gemeinsamen digitalen Kalender eingetragen.
  • Server sind so eingestellt, dass E-Mails auch nach einer festgelegten Zeit (z. B. 18:30 Uhr) noch versendet werden können, sie aber erst am nächsten Tag dem Empfänger automatisch zugestellt werden. Der Empfänger kann jederzeit aktiv die Nachrichten abrufen.
  • Server sind so eingestellt, dass am Wochenende und nach 20 Uhr in Verwaltungsprogrammen nicht mehr gearbeitet werden kann.

Organisatorische Maßnahmen

  • Es gibt verbindliche Arbeitszeitregelungen, z. B. durch Dienstvereinbarungen zu Kernarbeitszeit oder zum frühesten Dienstbeginn und spätesten Dienstende, und die Arbeitszeiten werden erfasst.
  • Verbindliche betriebliche Erreichbarkeits-Regelungen sind entwickelt. Diese berücksichtigen beschäftigten- und unternehmensseitige Flexibilisierungsinteressen.
  • Beschäftigte werden über Regelungen zu Ruhezeiten und Pausen unterwiesen.
  • Frühwarnsysteme für negative Entwicklungen werden eingerichtet. Anzeichen „ständiger Erreichbarkeit“ werden im Einzelgespräch oder im Team angesprochen.
  • Im Team und mit der Führungskraft wird abgestimmt, wer wann erreichbar ist. Beschäftigte haben Mitsprache bei der Gestaltung der Arbeits- und Erholungszeiten.
  • Die Teams überprüfen ihre implizit bestehenden Leistungserwartungen bezüglich der Erreichbarkeit nach Feierabend und der Verfügbarkeit der Beschäftigten (z. B. für Überstunden oder die Übernahme von zusätzlichen Arbeitsaufträgen).
  • Terminsetzungen sind realistisch und beinhalten Zeitpuffer. Erreichbarkeitszeiten für kooperierende Beschäftigte oder Kundinnen und Kunden sind begrenzt.
  • Fehlanreize für „ständige Erreichbarkeit“ (z. B. finanzielle Zuschläge oder beruflicher Aufstieg) sind ausgeschlossen, da sie selbstgefährdendes Verhalten fördern.

Personenbezogene Maßnahmen

  • Anweisung, dass die Umstellung geschäftlicher Anrufe auf das private Handy nicht gestattet ist.
  • Messenger-Apps auf privaten Handys dürfen nicht dienstlich genutzt werden.
  • Schulungen zu den Themen Grenzen setzen und Trennung von Arbeit und Privatleben